Entsendung im Baugewerbe

Was ist eine Entsendung?

Sie gelten als entsandt beschäftigt, wenn Ihr Arbeitgeber Sie zum Arbeiten für einen zeitlich begrenzten Einsatz in ein anderes EU-Land (z. B. nach Deutschland) schickt.

Welches Arbeitsrecht gilt für Sie?

Als entsandt beschäftigte Arbeitskraft gilt für Sie das Arbeitsrecht des Landes, aus dem Sie entsandt wurden. Zusätzlich gelten einige Bestimmungen des deutschen Arbeitsrechts, wenn diese für Sie günstiger sind.

Sie haben Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn. Er liegt seit dem 01.01.2024 bei 12,41 Euro.

Dieser Lohn muss für jede Arbeitsstunde gezahlt werden. Vom Bruttolohn werden die Steuern und Sozialversicherungsbeiträge (z. B. Rentenversicherung, Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Pflegeversicherung) abgezogen. Der Mindestlohn darf nicht unterschritten werden! Bei besonders schweren oder gefährlichen Tätigkeiten (z. B. Arbeiten in großer Höhe, in Baugruben oder mit besonderer Schutzkleidung) haben Sie Anspruch auf einen Erschwerniszuschlag.

Arbeitszeit

Für Sie gelten die Arbeitszeiten des Landes, in welches Sie entsandt werden. In den meisten Fällen ist das durchschnittlich eine 40-Stunden-Woche. Pausen gelten nicht als Arbeitszeit und werden dementsprechend nicht vergütet.

Ruhezeit

Nach Beendigung Ihrer Arbeit haben Sie Anspruch auf mindestens 11 Stunden Ruhezeit (in Ausnahmefällen 10 Stunden).

Zuschläge

Wenn Sie außerhalb der in ihrem Arbeitsvertrag festgelegten Arbeitszeiten arbeiten, erhalten Sie zusätzlich zu Ihrem Stundenlohn noch Zuschläge:

 

  • Für jede geleistete Überstunde erhalten Sie 25 % Ihres Stundenlohns zusätzlich.
  • Für jede Stunde, die Sie nachts gearbeitet haben, erhalten Sie 20 % Ihres Stundenlohns zusätzlich.
  • Für jede Stunde, die Sie sonntags gearbeitet haben, erhalten Sie 75 % Ihres Stundenlohns zusätzlich.

Kosten für Reise und Unterkunft

Die Kosten für Ihre Reise muss der Arbeitgeber vollständig nach den gesetzlichen Regelungen Ihres Herkunftslandes tragen. Die Kosten für eine angemessene Unterkunft während Ihrer Entsendung trägt der Arbeitgeber nach den tariflichen Regelungen in Deutschland. Er darf Ihnen Kosten für Reise und Unterkunft nicht vom Lohn abziehen.

Kosten von Reisen innerhalb Deutschlands

Wenn Sie auf einer Baustelle arbeiten, die mindestens 50 km vom Betriebssitz Ihres Arbeitgebers entfernt ist, und wenn der normale Zeitaufwand für die Fahrt von Ihrer Wohnung zu dieser Baustelle mehr als 1 ¼ Stunden beträgt, muss Ihnen Ihr Arbeitgeber einen Verpflegungszuschuss von 24 Euro pro Tag bezahlen. Ab dem 1.1.2023 muss der Arbeitgeber Ihnen bei Übernachtungen außerhalb der Baustelle zu diesen 24 Euro nochmal 4 Euro zusätzlich pro Tag bezahlen.

Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz

Für Ihren Arbeitsplatz gelten strenge Vorschriften, um Abstürze, Unfälle an Maschinen und andere Gefahren zu vermeiden. Der Arbeitgeber muss diese Vorschriften einhalten. Rufen Sie bei Fragen unsere Hotline an.

Urlaub

Wenn Sie in Deutschland arbeiten, erwerben Sie Anspruch auf bezahlten Urlaub, denn auch ausländische Entsendebetriebe nehmen am Urlaubskassenverfahren der Sozialkasse des Baugewerbes (SOKA-BAU) teil. Nach jeweils 12 Beschäftigungstagen erwerben Sie Anspruch auf 1 Tag Urlaub (insgesamt haben Sie Anspruch auf 30 Tage Urlaub im Jahr). Ausstehende Urlaubstage können Sie bis zum Dezember des Folgejahres nehmen. Danach verfällt Ihr Urlaubsanspruch, Sie können dann aber immer noch innerhalb des darauffolgenden Jahres bei SOKA-BAU einen Antrag auf Entschädigung stellen!

Einmal im Jahr schickt SOKA-BAU Ihnen einen Kontoauszug zu. Dieser Kontoauszug
beruht auf den Daten, die Ihre Arbeitgeber an SOKA-BAU übermittelt
haben.

  • Arbeitgeber, bei denen Sie beschäftigt waren
  • Anzahl der Tage, die Sie beschäftigt waren
  • Höhe Ihrer Bruttolöhne, wie sie von Ihren Arbeitgebern gemeldet wurden
  • Urlaubsanspruch und genommene Urlaubstage

Überprüfen Sie diese Daten und reklamieren Sie fehlerhafte Daten beim Arbeitgeber innerhalb von 2 Monaten nach Erhalt des Kontoauszugs. Setzen Sie sich bei Problemen direkt mit SOKA-BAU in Verbindung oder rufen Sie unsere Hotline an. Als Mitglied der Gewerkschaft IG BAU steht Ihnen der kostenlose gewerkschaftliche Rechtsschutz zur Verfügung.

Wie und wo sind sie versichert?

Klären Sie, ob Sie in dem Land, aus dem Sie entsandt werden, sozialversichert, und insbesondere, ob Sie krankenversichert sind. Wenn ja, bleiben Sie während der Arbeit in Deutschland für bis zu 24 Monate im Entsendeland versichert. Das müssen Sie in Deutschland mit der „A1-Bescheinigung“ nachweisen, die von der Sozialversicherung Ihres Entsendelandes ausgestellt wird. In Deutschland können Sie sich mit der Europäischen Krankenversicherungskarte (EHIC) bei einem Unfall oder bei einer Erkrankung medizinisch behandeln lassen. Die Kosten werden von Ihrer Krankenkasse im Heimatland erstattet.

Vor der Abreise nach Deutschland

Klären Sie

  • Wo Sie wohnen werden – wird Ihre Unterkunft vom Arbeitgeber finanziert?
  • Wo Sie arbeiten werden – auf welcher Baustelle arbeiten Sie und wie heißtdas Generalunternehmen in Deutschland?
  • Welchen Lohn Sie erhalten werden – entspricht dieser Lohn dem deutschen Mindestlohn der Baubranche?

Besorgen Sie sich

  • die Kopie der „A1-Bescheinigung“ vom Arbeitgeber
  • die Europäische Krankenversicherungskarte (EHIC)
  • Verlangen Sie auf jeden Fall von Ihrem Arbeitgeber einen schriftlichen

Arbeitsvertrag und eine schriftliche Vereinbarung zur Entsendung Wenn Sie keine EU-Staatsbürgerschaft besitzen, benötigen Sie zusätzlich eine Arbeitserlaubnis, auch wenn Sie aus einem EU-Land entsandt wurden. Als EU-Bürgerin bzw. EU-Bürger benötigen Sie zum Arbeiten in Deutschland keine Arbeitserlaubnis.

Nach der Ankunft in Deutschland

Prüfen Sie, ob Sie Ihr Arbeitgeber ordentlich bei der zuständigen Meldebehörde angemeldet hat. Bei Schwierigkeiten wenden Sie sich als Mitglied an Ihre Gewerkschaft IG BAU oder rufen Sie unsere Hotline an.

Im Baugewerbe werden Beschäftigte häufig um ihren Lohn betrogen. Was können Sie dagegen tun?

  1. Unterschreiben Sie nichts, was Sie nicht verstehen.
  2. Schreiben Sie Beginn, Ende und Dauer ihrer täglichen Arbeitszeit auf, einschließlich Pausen.
  3. Notieren Sie sich Namen und Telefonnummern von Kollegen, die ihre Angaben bezeugen können.
  4. Machen Sie Fotos von der Baustelle und dem Schild, auf dem das Bauvorhaben beschrieben wird.
  5. Schreiben Sie wichtige Daten auf:
  • Adresse der Baustelle, auf der Sie arbeiten
  • Name der Firma und des Inhabers, für die sie arbeiten
  • Name des Generalunternehmens

Sie können Ihren Lohn vor einem deutschen Gericht einklagen, auch wenn Ihr Arbeitgeber seinen Sitz im Ausland hat! Wenn es zu Unregelmäßigkeiten bei Ihrer Lohnzahlung kommt, fragen Sie rechtzeitig vor der Abreise aus Deutschland um Hilfe. Sie können zum Beispiel unsere Hotline anrufen. Mitglieder der Gewerkschaft IG BAU erhalten kostenlosen Rechtsschutz auch für Klagen vor deutschen Gerichten.

Vorsicht: Schein-Entsendung?

Ob eine korrekte Entsendung vorliegt, ist fraglich,

  • wenn Sie keine gültige „A1-Bescheinigung“ besitzen.
  • wenn auf der „A1-Bescheinigung“ Punkte falsch angekreuzt sind, z. B. Ihr Status als Arbeitnehmer/Selbstständiger.
  • wenn Sie erst in Deutschland für den Job auf einer Baustelle angeworben und angestellt wurden.
  • wenn Ihre Firma im Heimatland nicht tätig ist (Briefkastenfirma).

Wenn Sie Zweifel haben, wenden Sie sich als Mitglied an Ihre Gewerkschaft
IG BAU oder rufen Sie unsere Hotline an.