Kurier- und Paketdienste

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Überblick KEP

Struktur der Branche

Die Branche der Kurier- und Paketdienste gehört heute zu den weltweit am stärksten wachsenden Wirtschaftsbereiche. Laut Bundesverband Paket und Expresslogisitik arbeiteten 2020 in Deutschland circa 250.000 Beschäftigte in diesem Sektor. Als ein enorm personal- und dadurch konstenintensiver (ca. 50 % der Kosten) Teil der Logistikkette gilt die sog. „letzte Meile“, d.h. die Zustellung von Warensendungen direkt an die Endkonsument*innen.

Die bekannten Logistikkonzerne, die den Transport organisieren, geben diesen Teil an diverse Subunternehmen ab, die dafür Personal rekrutieren (Ausnahme DHL). Meistens finden Menschen aus Ost- und Südosteuropa oder Angehörige von Drittstaaten, u.a. viele Geflüchtete, Arbeit als Paketzustelle*innen. Nicht selten werden sie zu Scheinselbstständigkeit gedrängt und müssen dadurch ein großes wirtschaftliches Risiko tragen. Eine herausragende Rolle spielt der amerikanische Konzern Amazon, der die Branche durch die Verschmelzung von Handel und Transportlogistik vor neue Herausforderungen stellt.

Hauptprobleme

Indem die großen Konzerne die Zustellung an (meistens kleine und mittlere) Subunternehmen outsourcen, geben sie auch die Verantwortung für die in der Branche allgegenwärtigen Ausbeutungspraktiken ab. Am unteren Ende der Kette stehen die Beschäftigten, die sich wegen mangelnder Sprach- und Rechtskenntnisse nur schwer gegen die unfairen Arbeitsbedingungen wehren können. Sie sind zudem sehr schlecht gewerkschaftlich organisiert. Die Fluktuation in der Paketzustellung ist trotz eines angeblichen Fachkräftemangels enorm. Das liegt zum einen an den schlechten Arbeitsbedingungen und zum anderen an einer Fire-And-Hire-Mentalität der Arbeitgeber.

Nur wer viele (oft unbezahlte) Überstunden leistet, auch bei Krankheit nicht zum Arzt geht und sich möglichst nicht beschwert, darf bleiben. Mit dem wachsenden Auftragsvolumen in den letzten Jahren nehmen auch die Probleme zu. Dazu gehören hauptsächlich überlange Arbeitszeiten, Regressforderungen, unberechtigte Kündigungen, fehlender Lohn und Überwachung.

Aktivitäten

In den vergangenen Jahren rückten die Kurier- und Paketdienste aufgrund seit Jahren steigender Nachfragen von Ratsuchenden mehr und mehr in unseren Fokus und entwickelten sich zu einem Branchenschwerpunkt. Neben Beratungsgesprächen wurden in zahlreichen Informationsaktionen Beschäftigte vor Ort aufgesucht und über ihre Rechte informiert. Diese Aktionen organisierten wir meist mit der Gewerkschaft ver.di, den landesfinanzierten Beratungsstellen, u.a. von Arbeit und Leben sowie Faire Integration vor Verteilzentren, insbesondere zu Anlässen wie Black Friday oder Cyber Monday. Im Herbst und Winter 2022 fanden zudem bundesweit zwei große Aktionswochen, bei denen wir mehrere Tausend Kurierfahrer:innen erreichten, statt. Neben entsprechenden Infomaterialien in den relevanten Sprachen entstanden auch Publikationen zu Strukturen in der Branche, die sich auf Expertise aus Beratungsgesprächen beziehen, z. B. das Branchendossier sowie die Fallsammlung. Zukünftig wollen wir noch mehr Fahrer*innen erreichen und dabei regional eng mit der zuständigen Gewerkschaft verdi zusammenarbeiten (u.a. im Organizing-Netzwerk unionzon oder der union-for-amazon-workers).